Mülltrennung: Integrationsprojekt gibt Einblicke in den deutschen Alltag

In welchen Abfalleimer gehört die Milchverpackung? Adheesh kam vor zwei Jahren aus Indien nach Berlin und möchte heute beim Nachhaltigkeitstag mehr über Mülltrennung erfahren. Beatrice Salamena engagiert sich ehrenamtlich bei den Maltesern und erzählt, wie das Recycling in Deutschland funktioniert.
Nach Müll auf dem Gehweg muss man in Berlin nicht lange suchen. Ukrainerin Kateryna sammelt bei der Aufräumaktion im Kiez einige Fundstücke.
Wer trennt bereits seinen Müll? Bei der Frage zeigen einige Hände auf.
Die 25-jährige Zeynep Firdevsoglu hat den Nachhaltigkeitstag organisiert und hatte die Idee dazu. Fotos: Malteser Berlin

Berlin. Das deutsche Pfandflaschensystem ist für Cagla Tan und ihren Mann Hakan neu. „Wir finden die Idee aber cool und haben gehört, dass das System bald auch in der Türkei eingeführt werden soll“, erzählt die 28-Jährige. Die angehende Erzieherin lebt seit drei Jahren in Berlin und gehört zu den 30 Leuten, die heute mehr über die Mülltrennung der Deutschen erfahren wollen. 

Wie man Abfall richtig trennt, wie alte Dinge wiederverwendet werden können und warum Second-Hand-Läden bei jungen Leuten beliebt sind, haben Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund ganz praktisch beim großen Nachhaltigkeitsfest am Samstag, 21. September, im Neuköllner Integrationszentrum der Malteser erfahren. Auf dem Programm standen ein Tauschmarkt mit Kleidung, Haushaltsgegenständen und Büchern, Upcycling-Tipps, also das Aufwerten von vermeintlichem Müll, und eine gemeinsame Müllsammelaktion im Kiez.

Beim Nachhaltigkeitstag geht es laut Malteser Koordinatorin Zeynep Firdevsoglu um viel mehr als nur darum, welcher Abfall in welche Tonne gehört. „Wer neu in Deutschland ankommt, möchte hier möglichst schnell Fuß fassen. Dazu gehört es, Traditionen und Bräuche kennenzulernen, aber auch sich über die wichtigsten Alltagsregeln zu informieren. Wir versuchen auf diese Weise, Neuangekommenen den Weg in die Gesellschaft zu erleichtern“, sagt die 25-jährige Malteser Mitarbeiterin, die selbst erst vor drei Jahren aus der Türkei nach Berlin zog.

Zu den Teilnehmerinnen des Workshops gehörte auch die 66-jährige Ukrainerin Kateryna, die vor zwei Jahren vor dem Krieg aus der Ukraine nach Berlin fliehen musste. „Im Kriegsgebiet hat Müll nochmal eine ganz andere Bedeutung, denn durch die Angriffe zerbersten Fensterscheiben, Glassplitter fliegen umher“, sagt die Architektin im Ruhestand. In Deutschland angekommen musste sie erstmal lernen, was es mit der blauen, gelben, braunen und schwarzen Tonne auf sich hat. Mittlerweile kennt sie sich ganz gut aus, ist aber trotzdem beim Nachhaltigkeitstag dabei, um noch mehr zu lernen. „Umweltschutz lag mir schon immer am Herzen“, erklärt sie. 

Ganz praktische Einblicke in den deutschen Alltag

Der Recycling-Tag ist Teil der Veranstaltungsreihe „Kultur erleben“, die das Integrationsteam der Malteser vor einigen Monaten ins Leben gerufen hat. In persönlichen Begegnungen lernen die Teilnehmenden deutsche Festbräuche von Karneval über Ostern bis hin zum Weihnachtsfest kennen und bekommen zudem sehr praktische Einblicke in den deutschen Alltag mit Traditionen wie etwa dem deutschen Abendbrot, Kaffe und Kuchen am Sonntagnachmittag oder dem Feierabendbier. Darüber hinaus gibt es Begegnungsprojekte wie gemeinsames Bouldern oder ein Frauentheaterprojekt, Kochkurse und Sportangebote für Kinder.

Mehr Informationen über die Integrationsprojekte der Malteser gibt es hier: www.malteser-berlin.de/integration

INTERVIEW:  „Integration darf und soll Spaß machen“

Die 25-jährige Zeynep Firdevsoglu (Foto: Malteser Berlin) kam erst vor drei Jahren aus der Türkei nach Deutschland. Als Mitarbeiterin im Integrationsteam der Malteser hilft sie jetzt selber Geflüchteten in ihrem Alltag in Berlin anzukommen. Mit ihr haben wir darüber gesprochen, wie Integration gelingt. 

Mit verschiedenen Projekten erleichtern die Malteser Neuangekommenen den Weg in die Gesellschaft. Welche Angebote gibt es in Berlin und welche Ideen steckt dahinter?

Zeynep Firdevsoglu:
Integration wird schwierig, wenn Geflüchtete unter sich bleiben und keine Kontakte zu Einheimischen knüpfen. Wichtig sind deshalb vor allem Sprache und Begegnung. In unseren Projekten lernen Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund andere Deutsche kennen – beim Bouldern, bei einem Frauentheaterprojekt oder bei Sportkursen für Kinder. Hierbei gilt, dass Deutsch gesprochen wird. Beim Boudern zum Beispiel ist es manchmal viel leichter Deutsch zu sprechen als nur im Sprachkurs und man lernt ganz nebenbei alltägliche deutsche Redewendungen kennen.  Das macht Spaß und darum geht es ja auch: Integration darf und soll Spaß machen.

Wie gelingt eine möglichst gute Integration?

Jeder versteht unter Integration etwas anderes. Die Sprache und das Finden einer Beschäftigung sind ein wichtiger Schlüssel zum Ankommen in einem fremden Land. Für mich geht es aber auch darum, dass Menschen, die neu im Land sind, lernen, wie es hierzulande im Alltag läuft. Es klingt vielleicht banal, aber dazu gehören eben auch vermeintlich kleine Themen wie das Mülltrennen oder zu erfahren, warum die Deutschen gerne Abendbrot essen. Bei unseren Begegnungsprojekten wird auch immer wieder deutlich, dass Integration kein einseitiger Prozess ist, sondern ein Aufeinander-Zukommen und ein gegenseitiges Verständnis von Neuangekommenen und Alteingesessenen.

Bei dem Workshop am 21. September geht es um das Thema Recycling. Warum tut sich da der ein oder andere schwer?

In vielen Ländern wird eben noch kein Müll getrennt wie bei uns. Jede Kultur hat andere Bräuche. Es ist wichtig, hier über die wichtigsten Regeln aufzuklären. Aber letztlich haben wir alle bei dem Thema Mülltrennung Nachholbedarf.